Bekräftigungsbeschluss
Der Beirat bedankt sich beim Bremer Staatsarchiv sowie der Landesarchäologie für die Übermittlung Ihrer Einschätzung sowie für die Beratung in dieser Frage. Die Anregungen werden in die weitere Reflexion einfließen. Wir möchten noch einmal darauf hinweisen, dass der Beiratsbeschluss die Bezeichnung „An der Kriegsgräberstätte und nicht „Auf der Kriegsgräberstätte vorsieht. Wir möchten einige zentrale Aspekte unseres Vorgehens in dieser Angelegenheit skizzieren und begründen.
Der Terminus Kriegsgräberstätte
1. Der Beirat gelangt zu der Einsicht, dass eine Straßenbenennung nach einem einzelnen, willkürlich gewählten Opfer der nationalsozialistischen Verbrechen, wie beispielsweise der von Ihnen vorgeschlagene Name "Iwan Grischin", nicht zielführend ist. Ein solcher Name würde ohne eine kontextualisierende Erläuterung nicht zur notwendigen Reflexion anregen. Gerade dies jedoch ist unser Anliegen:
Mit dem Namen "An der Kriegsgräberstätte" sollen die Menschen dazu bewegt werden, sich mit der Geschichte dieses Ortes zu befassen und eigene Nachforschungen anzustellen. Eine derart spezifische Namenswahl wie "Iwan-Grischin-Straße" würde diesen Effekt nicht in hinreichendem Maße erzielen.
2. Der Terminus "Kriegsgräberstätte" ist nicht nur sachlich korrekt, sondern wird auch von der Landesarchäologie in diesem Sinne verwendet. Dies lässt sich anhand der während der Grabungen ausgehängten Transparente belegen. Siehe hierzu auch das Titelbild des Konvoluts, Band F.
3. Unabhängig von der natürlichen Verwesung der dort bestatteten Körper sowie dem Umstand, dass Teile des nordwestlichen Friedhofsbereichs im Zuge der Arbeiten abgetragen wurden, ergibt sich aus den vorliegenden Gutachten der Universitäten Leiden und Gießen, dass das Areal zumindest bis zu den kürzlich stattgefundenen archöologischen Ausgrabungen als Kriegsgräberstätte zu bewerten ist. Dies gilt ungeachtet etwaiger Einlassungen seitens der Russischen Föderation oder der Ukraine, zumal keine dieser Nationen ein exklusives Vertretungsrecht für die Nachfolgestaaten der Sowjetunion innehat. Da Sie auf eine entsprechende Kenntnis des Beirats hingewiesen haben, bitten wir um die Übermittlung der von Ihnen genannten, diesen Sachverhalt belegenden Dokumente.
Benennung
Der Beirat orientiert sich bei der Namensgebung unter anderem an der "Handreichung des Deutschen Städtetages zur Aufstellung eines Kriterienkataloges zur Straßenbenennung". Gemäß Ziffer 3.2 können hierbei historische Ereignisse mit direktem Bezug zur Ortsgeschichte als Grundlage herangezogen werden.
Selbst wenn man der Argumentation folgte, dass die Kriegsgräberstätte durch die Exhumierungen der Jahre 2021 bis 2023 formaljuristisch aufgehoben sei, bleibt die historische Existenz dieser Stätte im Zeitraum von 1941 bis 2023 unbestreitbar. Eine Benennung, die auf diese Geschichte verweist, ist somit gerechtfertigt.
Die Handreichung des Deutschen Städtetages betont, dass Straßennamen eine doppelte Funktion im kollektiven Gedächtnis erfüllen: Einerseits dienen sie dem alltäglichen Gebrauch, andererseits sind sie Ausdruck einer historisch-kulturellen Erinnerung. Durch ihre wiederholte Nutzung werden sie in das "kommunikative Gedächtnis" der Bürgerschaft eingebettet und entwickeln sich zu festen Bezugspunkten kollektiver Identität.
Diese erinnerungskulturelle Wirkung kann der Beirat nur durch eine konsequente Benennung wie "An der Kriegsgräberstätte" erreichen. Die gewählte Namensgebung ist somit sowohl sachlich als auch erinnerungspolitisch begründet.
Der Beirat dankt dem Amt für Straßenwesen, der Landesarchäologie sowie dem Staatsarchiv für die eingebrachten Überlegungen und nutzt seine Entscheidungshoheit gemäß § 10 Abs. (1) Ziff. 7 und 8 des Ortsgesetzes über Beiräte und Ortsämter, um bei seinem Beschluss zur Umbenennung der Straße "Reitbrake" in "An der Kriegsgräberstätte" zu bleiben. Die Gründe für diese Entscheidung wurden im Beschluss vom 20.11.2024 eingehend dargelegt. Der Beirat bittet um Umsetzung.
Dieter Winge und die Fraktion die LINKE im Beirat Gröpelingen