Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus: für ein wehrhaftes und widerständiges „Nie Wieder“
Am 27. Januar erinnert Die Linke in Bremen und Bremerhaven an die Opfer der nationalsozialistischen Verbrechen.
Am 27.01.1945 befreite die Rote Armee das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz. Stellvertretend steht dieser Tag für das Ende der Verbrechen des NS-Regimes und den Beginn der Aufarbeitung und des Gedenkens. Besonders heute gedenken wir der Opfer des Nationalsozialismus.
Es scheint allerdings heute, 79 Jahre später, unmöglich über die Vergangenheit zu reden und den Opfern zu gedenken ohne in die Gegenwart zu schauen.
In den vergangen Tagen und Wochen sind in Deutschland über eine Millionen Menschen auf die Straße gegangen, um gegen die Deportationspläne der AfD und ihrer Verbündeten in der außerparlamentarischen, radikalen Rechten und das damit verbundene Weltbild zu demonstrieren. Tausende Menschen in fast jeder größeren Stadt in der Bundesrepublik haben sich versammelt und nicht selten unter der Parole „Nie Wieder“ gegen nationalen Konservatismus, Nationalismus und Faschismus demonstriert.
Dazu Klaas Anders, stellvertretender Landessprecher: „Wir stehen als Gesellschaft, als Linke, als Antifaschist*innen vor der Herausforderung, das ‚Nie Wieder‘, das Gedenken an die Opfer von Shoa und Nationalsozialismus nicht politisch zu missbrauchen, zu trivialisieren oder zu relativieren und trotzdem unbedingt zu verhindern, dass ‚Nie Wieder‘, eine leere Phrase wird und auf die Gegenwart bezogene antifaschistische Antworten immer weiter zu entwickeln.“
Bezüge auf den historischen Nationalsozialismus können uns nur Mahnung sein, entscheidend sind die Konsequenzen, die wir aus ihnen ziehen. Am 19. April 1945 fanden sich im ehemaligen Konzentrationslager Buchenwald Überlebende des Lagers ein, um den vielen Opfern von Buchenwald zu gedenken. Die Gedenkansprache dieses Abends endete mit dem Schwur von Buchenwald: „Die endgültige Zerschmetterung des Nazismus ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ideal.“
Der Schwur von Buchenwald hat nie an Bedeutung verloren. Die Erinnerung an die Verbrechen des Nationalsozialismus muss für uns bedeuten, Antisemitismus, Rassismus und Nationalismus überall entgegen zu stehen, wo wir ihnen begegnen.
Wir können am 27.01.2024 auch nicht über die Befreiung von Auschwitz sprechen, ohne über das größte und tragischste Pogrom an Jüdinnen und Juden seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges zu sprechen: dem 07. Oktober 2023 in Israel. Die Narben, die dieser Tag geschlagen hat, werden lange brauchen, um zu heilen. Der 07. Oktober hat auch zu einer Zunahme von antisemitischen Vorfällen in Deutschland gesorgt, wie ihn vorher kaum jemand für möglich gehalten hat. Die Einen nutzen die Politik Israels als Vorwand ihren eigenen Antisemitismus ausleben zu können, die Anderen nutzen diesen Antisemitismus – oder die Zuschreibung von Antisemitismus – als Rechtfertigung für ihren antimuslimischen Rassismus. Entsetzt müssen wir feststellen, dass Jüdinnen und Juden sich in Deutschland immer unsicherer fühlen und nicht genug getan wird, jüdisches Leben in der Gegenwart zu schützen. Anstatt dessen wird die Verantwortung für die Existenz von Antisemitismus mit der Erzählung von „importiertem Antisemitismus“ ausschließlich auf Migrant*innen geschoben.
Es ist schwer, all das zu benennen, was um uns herum täglich passiert und benannt werden muss und dabei die richtigen Worte zu finden. Das Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus steht dabei für uns an erster Stelle. Dieses Gedenken ernst zu nehmen kann aber nur heißen, die Augen nicht vor dem Antisemitismus, Rassismus und Nationalismus zu verschließen, der uns im hier und heute umgibt.